Bild: Tayeb MEZAHDIA, Pixabay

Das politische Washington macht in diesen Tagen seinem Namen alle Ehre: Die ganze Stadt gleicht einer riesigen Waschtonne. Denn überall herrscht großer (Vor-) Frühjahrsputz. Hier klappern Schubladen, dort knarren Kellertreppen, werden Akten durchgeblättert, Dateien gescannt und Taschen durchsucht.

All das auf der Suche nach „classified documents“, geheimen oder vertraulichen Dokumenten. Ein Besuch bei Freunden oder auch nur ein Chat sind grad nicht möglich: Kein Platz, keine Zeit, keine Chance.

Die allgemeine Aktenhysterie begann – natürlich – mit Donald Trump. In seinem Privatpalast in Florida haben Ermittler bergeweise solcher „classified documents“ gefunden, die eigentlich in staatliche Tresore gehören. „Typisch Trump!“, riefen die einen, „Hexenjagd!“ die anderen. So weit, so gewohnt.

Dann fand man vertrauliche Dokumente in früheren Büros von Joe Biden – der ja eigentlich alles anders machen wollte als Trump. Der Schock saß schon tiefer.
Jetzt wurde auf „Die da oben“ geschimpft, und man wünschte sich einen ehrlichen, anständigen Mann an der Spitze. Als solcher gilt drüben sonderbarerweise Mike Pence. Der sah seine Chancen für die Präsidentschaft steigen.

Dann fand man vertrauliche Dokumente bei Mike Pence. Dieses Mal war die Panik allgemein. Wenn es Mike Pence passierte, konnte es jedem passieren.

Seitdem durchsucht jeder, der sich für etwas hält, wie rasend jeden Winkel seiner Privat- und Arbeitsräume. Liegen da noch Akten unter dem Bett? Was speichern die Kinder auf ihren Handys? Stehen auf dem WC-Papier geheime Notizen? Auf dem ersten Blatt nicht, aber vielleicht auf dem Letzten?

Damit sind zugleich die drei Top-Kandidaten für die nächste Präsidentschaftswahl vorbelastet. Andere Kandidaten wie Nikky Hailey und Ron deSantis haben plötzlich einen Startvorteil: Sie sind nicht in Washington.

Aber wer weiß: Vielleicht wird es bald schon das gesellschaftliche Aus bedeuten, keine geheimen Akten irgendwo versteckt zu haben.

Oder man macht es wie der frühere Generalstaatsanwalt von Arizona, Mark Brnovich: Er verfügte über Informationen, die alle Gerüchte über Wahlbetrug bei der letzten Präsidentschaftswahl weitgehend widerlegen. Die waren weder geheim noch vertraulich, sondern für die Öffentlichkeit bestimmt. Brnovich, ein Trump-treuer Republikaner, behielt sie trotzdem für sich. Getreu dem Motto

Wissen ist Macht, nichts Wissen macht nichts

raunte er weiter eifrig von angeblichen Fehlern, Fragen und Merkwürdigkeiten bei der Wahl in seinem Bundesstaat. So wie es ein großer Teil (nämlich der karrieregeile Teil) der Republikaner immer noch tut.

Und Trump? Der ist schon einem neuen großen „Betrug“ auf der Spur: In Ohio ist ein riesiger Zug mit zum Teil giftigen Chemikalien entgleist. Experten melden zwar keinerlei Gefahr, aber was wissen die schon. Immerhin geht es um Betrug, Lüge und Entgleisung – wer wäre da Experte, wenn nicht Trump?

Neues Kapitel: Deutschland, Europa

Geheime Akten? Nicht bei uns!


In Europa blickt man verständnislos auf die Geheimakten-Affäre in den USA. „Haben die keine Lösch-Taste?“, fragt sich Ulla v. d. Leyen irritiert. Olaf Scholz kann sich nicht erinnern, je Geheimakten in der Hand gehabt zu haben.

Noch souveräner gehen nur deutsche Finanzämter mit dem Thema um. Zum Beispiel die Zig-Millionen schweren Schenkungen von Gazprom und der NordStream AG an eine dubiose „gemeinnützige“ Stiftung – wurden die eigentlich versteuert? Das wusste letztlich keiner mehr so genau.

Denn die entscheidende Steuererklärung hat eine brave Finanzbeamtin einfach im Kamin ihrer Freundin verbrannt. Und das sogar „wegen des großen allgemeinen Interesses daran.“

Recht so: Bevor das gemeine Volk irgendwas rauskriegt, lieber gleich alle Spuren vernichten. Auf dass es dir nie so gehe wie Trump, Pence, Biden und Co.


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